Rezensionen zu »Robert und Peter«
Correspondenz
1/2009
Die
Edition Ohrwurm gehört zu jenen CD-Reihen, die sich gezielt an
Kinder wenden. Klassische Musik wird ebenso unterhaltsam wie
lehrreich in einer gelungenen Mischung aus Musikstücken und
gesprochenen Texten dargeboten. Was bietet sich da besser an, als die
Jugendalben für Klavier op. 68 von Robert Schumann und op. 39 von
Peter Tschaikowsky?
Der
Pianist Gerit Zitterbart, gut bekannt auch aus seiner
kammermusikalischen Arbeit im Abegg Trio, konnte im Umgang mit jungem
Publikum durch viele Kinderkonzerte reichhaltige Erfahrungen sammeln.
Das macht sich in seiner einfühlsamen, kindgerechten aber keineswegs
„kindischen“ Erzählweise angenehm bemerkbar. Belebend wirkt auch
die Gegenüberstellung des deutschen zum russischen Text (Sprecherin
Janina Koeppen) vor den Kompositionen Tschaikowskys. Sämtliche
Musikstücke stellt Zitterbart vor und zerlegt sie der leichteren
Verständlichkeit halber gegebenenfalls in kleinere Elemente.
Geschickt betont er dabei, was Kinder entweder aufregend und reizvoll
finden oder aus ihrem eigenen Erleben besonders gut kennen und
erfassen können. Auch verliert Zitterbart nie den roten Faden
zwischen allen Stückchen, die er in sinnvolle Zusammenhänge
untereinander bringt.
Die
Einspielung wendet sich an Kinder ab fünf Jahren, denen so nicht nur
zwei Komponisten näher gebracht, sondern auch bereichernde
Hörerfahrungen vermittelt werden. Nicht zuletzt könnte sie auch als
Anreiz zum eigenen Musizieren verstanden werden. Mit liebevoller
Sorgfalt hergestellt, ist diese CD eine schöne Bereicherung auf dem
weihnachtlichen Gabentisch der Kinder, die durchaus auch älter sein
dürfen!
Irmgard
Knechtges-Obrecht
Pianist
September 2008
Musik CDs
für Kinder gibt es viele. Gute allerdings nicht viele. Um es
vorwegzunehmen: Diese gehört zu den guten. Der Titel „Robert und
Peter“ bezieht sich auf Robert Schumann und Peter Tschaikowsky.
1848 komponierte Schumann sein „Album für die Jugend“ op. 68,
das im Gegensatz zu den Kinderszenen auch zum Spielen für Kinder
bzw. Anfänger geeignet ist. 3o Jahre später folgte Tschaikowsky
diesem Beispiel mit seinem „Jugendalbum“ op. 39, dessen Stücke
hier alle vertreten sind, während aus Schumanns Album eine Auswahl
getroffen wurde. Viele der Stücke aus beiden Zyklen werden in jedem
Klavierunterricht noch immer gern verwendet. Sie haben meist kleine
Titel, die sich auf einen Charakter, eine Situation oder Stimmung
beziehen. Der Pianist Gerrit Zitterbart, bekannt durch manche
Einspielungen auf historischen Instrumenten, mischt die Kompositionen
der beiden Hefte so, dass man hört, wie „Robert und Peter“
ähnliche Themen musikalisch umsetzen. Dazu spricht Zitterbart vor
jedem Stück einen kleinen Einleitungstext, um auf einen bestimmten
Aspekt hinzuweisen. Dies macht er einfach und überzeugend, er nimmt
die Kinder ernst, ohne sie zu überfordern. Dafür werden ihm nicht
nur die jugendlichen Zuhörer, sondern auch viele Eltern dankbar
sein, die diese CD auf langen Autofahrten vielleicht mehr als einmal
mithören dürfen. Nebenbei für die Russisch-Lernenden: Die Titel
der Tschaikowsky Stücke werden auch in russischer Sprache erwähnt.
Frank Helfrich
Klassik heute März
2008
Hinter
dem Titel „Robert und Peter“ verbirgt sich nichts weniger als ein
deutsch-russisches Gipfeltreffen. Auf seiner „CD für Kinder“
demonstriert Gerrit Zitterbart (bekannt als pianistischer Teil des
Abegg-Trios und eiserner Verfechter der berückenden
Klangwirkungen, die sich mit historischen Tasteninstrumenten erzielen
lassen) beispielhaft, wie gut sich zwei thematisch verwandte
Klavierzyklen miteinander kombinieren lassen – zumal damit ein
Zielpublikum „ab etwa 5 Jahren in die Geheimnisse des Zuhörens
eingeführt werden“ soll, wie es auf dem CD-Cover heißt.
16
der 43 Stücke aus Robert Schumanns 1848 entstandenem Album für
die Jugend op. 68 gehen durch Zitterbarts kundige, stets sanfte, im
Vergleich zum Lautstärkeniveau der Musik jedoch zu leisen
Moderation eine neue Einheit mit dem 30 Jahre später
komponierten Jugendalbum op. 39 seines russischen Kollegen Peter
Tschaikowsky ein. Dessen 24 Einzeltitel sind komplett zu hören.
Verständlicherweise erfahren die ohnehin nur losen inneren
Strukturen der beiden Zyklen durch den Mix wesentliche
Akzentverschiebungen. Auch wenn nicht alle sprachlichen Übergänge
einleuchtend erscheinen und die stete Nennung der russischen
Originaltitel entbehrlich wäre, glückt Zitterbart mit
seiner Anordnung der einzelnen Stücke von „Robert“ und
„Peter“ eine ganz eigene Dramaturgie: Hat sich Tschaikowsky
ursprünglich am typischen Tagesablauf eines noch nicht
eingeschulten Kindes im 19. Jahrhundert orientiert, so schafft der
Musikpädagoge höchst stimmungsvolle Gegensätze
zwischen dem kindlichen Erleben von Alltag bzw. Umwelt und einem
tagtraumartigen Abgleiten in die Welt der Phantasie.
Schade
nur, dass in den direkten, sehr persönlichen Kurzeinführungen
gar nichts über die familiären Anlässe gesagt wird,
die zur Entstehung der beiden Klavierwerke geführt haben. Hätte
man nicht noch einfließen lassen können, dass Robert
Schumann der bevorstehende achte Geburtstag seiner ältesten
Tochter Marie zur Komposition anregte und Peter Tschaikowsky zur
Kinderwelt ein inniges Verhältnis hatte, weil er mit den Kindern
seiner Schwester ebenso gern spielte wie mit denen seiner
Dienerschaft?! „Audience development“ hin oder her, „Kids“
wollen schließlich auch zum Mitdenken aufgefordert werden und
nicht allein als Zuhörer zu bloßem Gefallen und passiver
Konzentration verdonnert sein.
Falls
der jugendliche Nutzer dieses Kinderkonzerts schon lesen kann, dürfte
ihn zumindest die Titelangabe von Track Nummer 15 zu denken geben. Im
CD-Booklet lautet der Titel des eigentlich 13. Stücks von
Tschaikowskys Jugendalbum: „Der Bauer spielt auf seinem Harmonium“
statt „Musikh“ (so wurde im alten Russland der „einfache Mann“,
meist ein armer Bauer, genannt) „spielt Harmonika“. Vielleicht
lässt sich dieser verwirrende Booklet-Fehler ja noch ausmerzen,
denn im – an dieser Stelle ausgesprochen informativen –
Moderationstext ist deutlich von einer Mundharmonika die Rede, die
zudem klanglich präsentiert wird.
Seinen
„Robert-und-Peter“-Parcours meistert Gerrit Zitterbart, der an
der Hochschule für Musik und Theater in Hannover eine
Klavierklasse leitet, in pianistischer Hochform. Souverän und
mit großem Einfühlungsvermögen lotet er die
unterschiedlichen Stimmungsgehalte von Stücken wie Tschaikowskys
Mama und Schumanns Knecht Ruprecht aus. Zudem stand ihm ein perfekt
intonierter, wunderbar rund klingender Bösendorfer Imperial zur
Verfügung – ein ideales Instrument für romantische
Klaviermusik des 19. Jahrhunderts, dessen dunkles Glühen hier
aufnahmetechnisch makellos eingefangen wurde. So würde man sich
auch eine Erwachsenen-CD mit den kompletten Werken wünschen…
Richard
Eckstein