Mozart Klavierkonzerte KV 37, 39, 40, 41
Nach
den Mozartschen Konzertbearbeitungen der Johann Christian Bach-Sonaten
(Hänssler 98.139) tastet sich Gerrit Zitterbart mit den vier
sogenannten Pasticcio-Konzerten an die echten Klavierkonzerte Mozarts
heran. Zusammen bilden die beiden Editionen mit dem tüchtigen
Schlierbacher Kammerorchester und seinem Dirigenten Thomas Fey eine
unterhaltsame und intelligente – also rundum willkommene –
Vorinformation über den originalen Mozart und dessen unvergleichliche
Serie von Klavierkonzertwundern. Zitterbart und Fey suchen und finden
eine überzeugende Vortragsmischung aus jugendlicher, spritziger
Vorwärtsbewegung in den unverblümt optimistischen Ecksätzen. Hier
erweist sich der Göttinger Solist der Salzburger Engel-Version im
Bereich der mobilen Farb- und Tempodosierung als deutlich überlegen –
auch im Zusammenwirken mit dem Orchester. Die routinierten, etwas
vordergründig vitalen Ausgaben mit Barenboim bzw. Anda verzeichnen zwar
vereinzelte Anschlagsdelikatessen und lyrische Geschmeidigkeit, aber
diesen, seinerzeit den Gesamtausgaben gewissermaßen nachgelieferten
Aufnahmen haftet doch ein wenig der Geruch von komplettierenden
Fleißaufgaben an.
Klassik heute November 1998
Zwei Dinge scheinen Mozarts erste konzertante Gehversuche suspekt zu
machen: Erstens sind es Bearbeitungen von Sonaten anderer Komponisten,
die Themen also nicht »echter Mozart«, und zweitens hat er diese
Arrangements nicht allein angefertigt, sondern, wie das Manuskript
ausweist, zusammen mit Vater Leopold. Aber die Raupach, Honauer,
Schobert und Eckard sind der Boden, auf dem Mozarts Musiksprache wuchs,
und an Auswahl und abwechslungsreicher Orchestrierung läßt sich sein
früh entwickelter Geschmack erkennen. Von diesen Pasticcios sind keine
Einspielungen erhältlich, die nicht Teil einer Gesamtaufnahme sind, und
in einer solchen sind sie meistens nur geduldete Beigabe. Gerrit
Zitterbarts Einsatz ist also per se zu begrüßen, um so mehr, als er ein
feinsinniger und kluger Pianist ist. Hellwach und aufmerksam wie eine
Katze, die zum Sprung ansetzt, nähern sich die Interpreten den Werken;
immer bereit, sich zurückzuziehen, aber wenn es darauf ankommt, auch
energisch zuzuschlagen. Die Tempi sind straff, aber nicht überzogen,
einige Freiheiten erhöhen den Reiz; so werden dynamische Unterschiede
durch geänderte Artikulation unterstützt, und in KV 40 ist, naheliegend
wegen der originalen Trompeten, eine Paukenstimme ergänzt. An
Harnoncourt geschult, wissen die Musiker, daß ein Auftakt oft wichtiger
ist als die Hauptnote. Das gibt den Zug nach vorne und belebt die
metrische Struktur. So bleibt das Zuhören auch in den formal weniger
dichten Stücken spannend. Vier von Mozarts Kadenzen zu fremden
Klavierkonzerten hat Zitterbart in die Pasticcio-Konzerte einmontiert.
Der motivische Zusammenhang mit den eigentlichen Mutterwerken ist
gering, so daß das Experiment gut funktioniert.
FonoForum November 1998
Choc: »CD des Monats Oktober 98«
Les jeunes musiciens allemands qui ont réalisé cet enregistrements nous offrent une merveilleuse interprétation des quatre »pastiches« mozartiens. La justesse du style y est transcendée par un enthousiasme, une vigeur et un sens théâtral aboutis. Gerrit Zitterbart et Thomas Fey sont parvenus á une fusion idéale et à une complicité que l'on retrouvé rarement. L'Orchestre de chambre de Schlierbach est composé de musiciens issus de toutes les régions d'Allemagne. Avec opiniâtreté, Thomas Fey (fondateur de l'ensemble) a préféré renoncer aux instruments anciens (à l'exception des cuivres), ce qui n'a pas empêché l'ensemble d'être invité aux cours d'Harnoncourt à Salzbourg. Il se dégage de cet orchestre de chambre un naturel, une puisance et une grâce qui n'ont pas échappé à des artistes tels que Zacharias ou Zehetmair.
Die Einspielung mit dem ausgesprochen stilbewußt und impulsiv spielenden Gerrit Zitterbart ist ausgezeichnet. Der Solist spielt mit viel Schwung und läßt das Figurenwerk leicht perlen. Das Schlierbacher Kammerorchester begleitet unter Thomas Fey akzentuiert und rhythmisch pointiert. Die Bläserfarben – beim Blech und Schlagwerk werden historische Instrumente eingesetzt – werden deutlich herausgearbeitet. Es ist eine Aufnahme, die auch in der Verwendung originaler Kadenzen einen Blick auf eine bislang eher unterbelichtete Seite in Mozarts Werk wirft und durch ihre Musizierlust sehr für sich einnimmt.